Entwicklungsstrategien für eine proaktive Instandhaltung der Zukunft

Industrie 4.0 erfordert Instandhaltung 4.0
Autor: Dipl.-Ing. Michael Lex, Gesellschafter, Senior Consultant und Projektmanager, GiS – Gesellschaft für integrierte Systemplanung mbH
Industrie 4.0, die so genannte vierte industrielle Revolution, repräsentiert die digitale Vernetzung von Prozessen und Wertschöpfungsketten.
Für Unternehmen auf dem Weg zur Industrie 4.0 ist es von wesentlicher Bedeutung, zügig über eine geeig-nete Strategie zur proaktiven Instandhaltung nachzudenken. Die erforderliche intelligente Sensor- und Aktor-technik ist schon vorhanden und mit neuen Apparaten, Maschinen und Systemen immer breitflächiger verfügbar. Nun gilt es, mittels Vernetzung über das Internet of Things die erfassten Daten zu sammeln, auszuwerten und für die nötigen Konsequenzen hinsichtlich Maintenance zu nutzen, sprich‘ den optimalen Wertschöpfungsfluss abzuleiten.
»Instandhaltung 4.0« analysiert und beschreibt Wege, die durch Digitalisierung, Überwachung und Auswertung von Produktionsanlagen einen weiteren Schritt in Richtung Optimierung der Instandhaltungsmaßnahmen und -strategien öffnen. Dabei werden sich die Instandhaltungstätigkeiten verstärkt auf »Vermeidung von Ausfällen« und »Sicherstellung der Funktionsfähigkeit« fokussieren.
Empfehlenswert beim Einstieg in die »Instandhaltung 4.0« ist ein Start mit kleineren Umsetzungsprojekten, so lassen sich innerbetriebliche Erfahrungen sammeln und ein entsprechendes Change-Management aufbauen. Für deren erfolgreiche Umsetzung nehmen die Mitarbeiter eine wichtige Rolle ein: Den Zustand einer Anlage werden diese nicht mehr auf Basis ihrer Wahrnehmungen, sondern auf Basis der vorhandenen Daten in Verbindung mit entsprechenden Auswertungs- und Analysetools beurteilen.
Bei Windenergieanlagen (WEA) beispielsweise, ist die »Instandhaltung 4.0« unter anderem wegen der großflächigen Verteilung der Anlagen erforderlich. WEA von General Electric (GE) sind mit durchschnittlich 130 Sensoren bestückt, die bis zu 900 Signale pro Sekunde liefern und damit die Überwachung von 500 bis 600 Betriebsparametern ermöglichen. Diese Informationen werden mit Hilfe von ca. 150 Analyse- und Entscheidungsalgorithmen aufbereitet und mit den Betriebsdaten von insgesamt etwa 26.500 WEA von GE Wind abgeglichen. Daraus werden anschließend notwendige Instandhaltungsmaßnahmen abgeleitet. Die jährlichen Wartungskosten konnten damit um etwa 10 Prozent gesenkt, Reparaturen und Ausfallzeiten vermieden und folglich ein höherer Ertrag über den gesamten Lebenszyklus einer WEA erzielt werden.
Anders bei konventionellen Kraftwerken: Zum großen Teil sind die Kraftwerke älter als 20 Jahre und daher nicht so stark von Sensoren durchdrungen wie etwa moderne WEA. Für die »Instandhaltung 4.0« stehen über die Prozessrechner und einzelnen Sensoren jedoch ausreichend Daten zur Verfügung.
Energiewende und damit verbundener Personalabbau auch im Bereich der Instandhaltung zwingt die Kraftwerke, Optimierungspotentiale in der Instandhaltung umzusetzen. Im Sinne der »Instandhaltung 4.0« wurde beispielsweise in einem Gaskraftwerk dem Instandhaltungspersonal der volle, lesende Zugriff auf die Daten der Prozessrechner gegeben, um damit den Anlagenzustand und die daraus abzuleitenden Instandhaltungsmaßnahmen einiger kritischer Aggregate und Prozesse zu ermitteln.
So ließen sich die ersten Voraussetzungen schaffen, den Wechsel von der vorbeugenden zur zustandsorientierten Instandhaltungsstrategie bei kritischen Aggregaten und Prozessen einzuleiten, den Personaleinsatz zu optimieren und damit teilweise auch der veränderten Marktsituation Rechnung zu tragen.
Resultiert aus den Analysen ein Handlungsbedarf, lässt sich beispielsweise automatisiert über eine EAM-Software eine Workorder initiieren und die erforderliche Instandhaltungsmaßnahme einleiten.